VERHALTEN
von MEERSCHWEINCHEN
GESCHICHTE, VERHALTEN und
DOMESTIKATION
Wann genau
Meerschweinchen (Cavia porcellus) domestiziert wurden, ist nicht bekannt, aber
man nimmt an, es geschah zwischen 1000 und 500 vor Christi Geburt. Sie stammen
ursprünglich aus Südamerika und wurden von den Inkas zur
Ernährung und für religiöse Zeremonien gebraucht. Nach Europa
gelangten sie erst im 16. Jahrhundert nach der Eroberung Südamerikas durch
die Spanier. Die Heimat der Meerschweinchen ist die chilenischen und
peruanischen Andenregion. Hier leben sie bis zu 4000 Meter hoch auf grasreichen
Hochebenen und Hängen in Höhlen und Felsspalten in kleinen
Familienverbänden von 5 - 10 Tieren, sozial organisiert durch eine
Rangordnung mit einem dominanten Männchen und Weibchen an der
Spitze. Meerschweinchen sind dämmerungsaktiv und fressen in der
Abenddämmerung und bei Sonnenaufgang.
Wie auch bei anderen
Tierarten hat die Domestikation bei den Meerschweinchen zu
Verhaltensänderungen geführt. So sind die domestizierten
Meerschweinchen weniger aggressiv, zeigen eine stärkere soziale Toleranz,
ein stärkeres Bindungsverhalten der Männchen und sind weniger
aufmerksam in ihrer Umwelt als ihre wilden Verwandten. Meerschweinchen werden
als Modell für den Autismus beim Menschen verwendet. So zeigt der
genetische Code von teilweise ingezüchteten Meerschweinchen
autismusähnliche Verhaltensmuster wie den Verlust von Reaktion und Neugier
auf die Käfigumgebung, stereotypes Bewegungsverhalten und nur schwache
soziale Wechselwirkungen aufgrund von Gehirn- und
Gehirnrindenabnormalitäten.
Es gibt 3 Stammrassen: Das
Amerikanische oder Englische Meerschwein mit glattem Haar; das Abessinier oder
Rosetten Meerschwein mit kurzem rauem Haar und Wirbeln oder Rosetten; das
Peruaner Meerschwein mit langem seidigem Haar. Inzwischen gibt es 13 Rassen
darunter auch verschiedene "nackte" Arten. HÄUFIGE KÖRPERHALTUNGEN und
VERHALTENSWEISEN
MIT DEM KOPF
STOSSEN: Ein entschlossener Stoß mit dem Kopf, um dem Besitzer zu
zeigen, dass eine Aufmerksamkeit nicht gewünscht wird. Ärgerliche
oder aufgeregte Meerschweinchen stupsen mit dem Kopf in Bettzeug, in
Handtücher oder gegen die Käfigeinrichtung, um ihrem Ärger Luft
zu machen. Es ist fast immer eine Abwehrreaktion. Meerschweinchen stupsen
Pfleger oder Käfiggenossen auch, wenn sie gelangweilt sind, spielerisch
oder als Zeichen von Dominanz.
NASENBERÜHRUNG: Eine
Begrüßungsgeste unter vertrauten Meerschweinchen ähnlich dem
Händeschütteln beim Menschen oder dem Beschnüffeln bei
Hunden.
SCHARREN: Ein Verhalten, das bei Langeweile,
Aufgeregtheit oder Versuchen zu entkommen, eine Rolle spielt. Unsichere
Böcke scharren bei Rangordnungskämpfen massiv in der Einstreu. Zudem
scharren Meerschweinchen in Heubergen nach Leckerchen.
SICH
AUSSTRECKEN: Die Tiere liegen mit ausgestreckten Hinterbeinen auf der Seite
und dokumentieren Entspanntheit und Wohlsein.
LECKEN:
Meerschweinchen belecken ihren Pfleger oder Artgenossen, um Aufmerksamkeit zu
erlangen, als Liebesbeweis oder auf der Suche nach Geborgenheit. Ein Verhalten,
das aber nur bei einzeln oder in zu kleinen Käfigen gehaltenen Tieren
beobachtet werden kann.
VERSTEIFEN DER VORDEREBEINE: Die
Vorderbeine sind versteift und werden hochgehalten, damit sie größer
und furchterregender auf einen mögliches Raubtier wirken.
AUF
DEN HINTERBEINEN STEHEN: Eine Stellung, um die Umgebung zu überblicken
oder um Aufmerksamkeit oder Futter zu
erbetteln.
ALARMBEREITSCHAFTSSTELLUNG: Ausgestreckt mit dem Kopf
nach vorne stehen, aufmerksam und bereit sofort loszurennen, wenn
nötig.
BEISSEN: Wird gebraucht, um Dominanz zu zeigen, um
Aufmerksamkeit zu erlangen und um unerwünschte Annäherungen zu
unterbinden.
SCHAUDERN: Ein Ganzkörperschütteln nachdem
das Tier angefasst wurde zeigt einerseits Verärgerung über das
Anfassen, aber auch Entspannung nach dem Anfassen
an.
HÜPFANFALL: Ein Freudensprung in die Luft wird schon bei
Neugeborenen beobachtet, wenn sie aufgeregt oder erschreckt sind ("Popcornen"),
gehört aber auch zum Verhaltensinventar erwachsener Meerschweinchen.
Zu Popcornen siehe ausführlich auch
http://www.diebrain.de/I-verh.html
RUMBA:
Ein Schwanken und Schwingen des Hinterteils, oft begleitet von einem tiefen
langgezogenen, stark vibrierenden Laut (= Purren), häufig von erwachsenen
männlichen Meerschweinchen gezeigt als Imponier- und Sexualverhalten im
Zusammenhang mit weiblichen Tieren. SOZIALES und ANTISOZIALES
VERHALTEN
Meerschweinchen
sind generell fügsame, nicht aggressive, liebenswerte Heimtiere.
Enthusiastisch und aufmerksam begrüßen sie ihren Pfleger mit einem
Pfeifen, genauso wie auch beim Knistern einer Plastiktüte oder dem
Öffnen der Kühlschranktür, in Erwartung von Futter. In
Stresssituationen lecken die Tiere ihrem Besitzer die Hände, um Beruhigung
und Vertraulichkeit zu suchen. Als hochsoziale Tierart leben
Wildmeerschweinchen in kleinen Familienverbänden und setzen in punkto
Sicherheit auf ihre Anzahl, denn mehr Augen können ein Raubtier eher
orten. Oft sieht man sie beieinander stehen oder liegen während sie
ausruhen und fressen. Dabei halten sie aber immer Abstand zueinander. Sie
kuscheln nicht! Bindungspartner sind sehr wichtig für domestizierte
Meerschweinchen. Die soziale Hilfe konnte durch niedrige Cortisolspiegel im
Blut bei beiden Geschlechtern nach Stresssituationen, in denen sie von
vertrauten Meerschweinchen unterstützt wurden, nachgewiesen werden. Selbst
in der Gegenwart eines Bindungspartners hatten Meerschweinchen, die Stress
ausgesetzt wurden, einen niedrigen Cortisolspiegel. In einer Studie über
sozialen Stress bei Meerschweinchen wurden sich vorher unbekannte Böcke
zusammengesetzt und über 8 Tage ihr Verhalten und ihre physiologischen
Parameter gemessen. Obwohl es keine sichtbaren Hinweise auf ansteigend
aggressives Verhalten während der Dauer des Zusammenlebens gab, zeigten
die physiologischen Parameter (Gewichtsverlust, niedrigere Testosteron Spiegel,
höhere Glucocorticoid- und Plasma Katecholamin Titer), dass der Stress
für die rangniederen Tiere anstieg. Diese Tiere benahmen sich zunehmend
passiver bis sie schließlich Fressen und Trinken einstellten. Obwohl
Meerschweinchen extreme Nestflüchter sind, die nur wenig mütterliche
Hilfe nach der Geburt brauchen, prägen mütterliche soziale
Verhaltensweisen, wie auch die anderer erwachsener Tiere, das Verhalten des
Nachwuchses. Männliche wie auch weibliche Jungtiere bleiben in der
Nähe ihrer Mutter, auch noch nach der Stillphase, aber es gibt auch
Einzelgänger. Es kann auch passieren, dass 4-5monatige Weibchen die
Vorherrschaft der Mutter bekämpfen. Wurfgeschwister verbringen eine Zeit
weiter miteinander, obwohl sie häufig schon heftige
Rangordnungskämpfe miteinander ausfechten. Halbwüchsige, die die
Geschlechtsreife erreichen, schließen sich nicht häufig neu
zugesetzten oder potentiellen Geschlechtspartnern an. Wenn aber männliche
und weibliche Tiere getrennt von ihrer Mutter gehalten werden und dann wieder
mit ihr vereint werden, wird sie als fremdes Meerschweinchen behandelt.
Früher sozialer Stress bei Jungtieren schafft hormonelle
Veränderungen und Veränderungen der Gehirnfunktion, die für
spätere Veränderungen im Sozialverhalten verantwortlich sind.
Verschiedene Untersuchungen über den Lebenszyklus von Meerschweinchen
haben gezeigt, dass vor der Geburt und sofort nach der Geburt soziale und
umgebungsbezogene Faktoren schwangere Meerschweinchen beeinflussen und
bestimmen, wie der Nachwuchs sich im Erwachsenenalter benimmt. Steht die Mutter
während dieser Zeit unter Stress, kann das zur Vermännlichung der
Töchter führen. Bei erwachsenen Männchen wurde dagegen ein mehr
kindliches Verhalten beobachtet. Das ist wahrscheinlich auf den Androgenanstieg
bei den gestressten schwangeren Tieren und die Wirkung auf das Hormonsystem als
Stressantwort zurückzuführen. Das Vorhandensein einer
Mutter-Kind-Bindung wurde bewiesen durch ansteigende Cortisol Werte bei
stillenden Meerschweinchenmüttern 3 Tage nach der Geburt, wenn die Jungen
weggenommen und außer Hörweite gebracht wurden. Die Plasma
Cortisol Werte der Jungen, die von der Mutter entfernt wurden, waren ebenfalls
erhöht. Auch vokalisierten sie lauter, wobei einzeln gehaltene Jungtiere
lauter waren als ein ganzer Wurf, der von der Mutter getrennt wurde. Die
Anwesenheit eines erwachsenen Weibchens, egal ob vertraut oder fremd,
schwächte die Hypothalamus (Schaltzentrale des Gehirns) -
Hirnanhangdrüse - Nebennierenreaktion bei jungen Meerschweinchen ab,
obwohl das Verhalten das nicht veranschaulichte. Dabei erreichte die
Anwesenheit eines fremden Weibchens nicht dieselbe Abschwächung bei der
Stressantwort. Alle wissenschaftlichen Untersuchungen zeigten, dass wegen
der extremen sozialen Strukturen bei Meerschweinchen und ihrer offensichtlich
nötigen Unterstützung dieses Verhaltens, Meerschweinchen besser als
verbundene Paare oder zu dritt gehalten werden sollten, und nicht als
Einzeltier ihr Leben fristen sollten. Bindungsverhalten kann leicht erreicht
werden, mit Ausnahme von zwei unkastrierten Böcken. ZÄHMUNG und
BINDUNGSPROZESS
Meerschweinchen
sind im allgemeinen freundliche Tiere, die nicht dazu neigen, zu kratzen oder
zu beißen, außer wenn sie geärgert werden. Jedes ist eine
eigene kleine Persönlichkeit, und einige beißen, wenn eine
ungewünschte Handlung, wie z.B. das Krallenschneiden vorgenommen
wird. Besondere Sorgfalt muss bei scheuen, nicht gut sozialisierten Tieren,
walten gelassen werden, weil die sehr leicht gestresst werden können und
sich selbst beim Versuch zu entkommen, verletzen können. Es ist sehr
wichtig, sich den Tieren sehr langsam zu nähern und leise mit ihnen zu
sprechen, wenn man versucht sie anzufassen. Das gilt besonders für die
Meerschweinchen, die es bisher nicht gewöhnt waren, angefasst zu werden.
Erste kurze Abschnitte der Eingewöhnung beginnen damit, dass der Pfleger
vor dem Käfig sitzt mit einer Hand im Käfig und mit freundlicher,
ruhiger Stimme zu dem Meerschwein spricht. Das sollte einige Tage wiederholt
werden. Wenn das Meerschwein vertrauter wird, können Lieblingsgemüse
als Leckerchen handgefüttert werden. Bevor man ein Meerschweinchen
hochhebt, sollte man es nicht durch Herumjagen im Käfig stressen.
Meerschweinchen, die es nicht gewohnt sind, angefasst zu werden, fliehen, wenn
man sich ihnen von hinten nähert. Wenn das Tier an die Hand im
Käfig gewöhnt ist, kann man damit beginnen, sanft den Kopf und die
Nasenspitze zu streicheln. Manche Meerschweinchen mögen es, hinter den
Ohren gekratzt zu werden oder mit einem Finger unter dem Kinn gekrault zu
werden. Jetzt sollte der Pfleger versuchen, das Tier vorsichtig und sicher
hochzuheben, indem er es am Hinterende mit der Hand löffelartig unter dem
Bauch hochnimmt und dabei hinter den Vorderpfoten unterstützt. Das
alles braucht Zeit, wobei es das Beste ist, mit scheuen Tieren nur in kurzen
Abschnitten zu arbeiten, um die Tiere ohne dauerhaften Stress an sich zu
gewöhnen Ein ungezähmtes Meerschwein wird sich einem Menschen eher
nähern, wenn es ihm nicht auf Raubtierhöhe begegnet. Es ist gut, sich
in einer meerschweinchensicheren Umgebung auf den Boden zu legen, um Zutrauen
zu fördern und Anfassen und Bindung zu stärken.
Aggression
untereinander kann bei zwei Böcken in der Gegenwart von einem Weibchen
entstehen. Das kann auch bei Tieren beobachtet werden, die nicht zusammen
aufgewachsen sind, insbesondere bei unkastrierten Böcken. Ein neues
Meerschwein zu vorhandenen Meerschweinchen zu bringen, sollte vorsichtig und
langsam geschehen und nur unter Aufsicht von Erwachsenen, die die Tiere trennen
sollten, wenn sie beginnen sich zu beißen. Wie auch bei anderen
Tierarten sollte die Vergesellschaftung auf neutralem Boden geschehen, wobei
das Gehege mindestens 2 qm groß sein sollte und
Rückzugsmöglichkeiten bieten sollte. Heu und Grünfutter wird als
Ablenkung gereicht. Die Meerschweinchen können in dieser fremden Situation
Geborgenheit beieinander finden, und so schneller eine Bindung zueinander
finden. Manchmal hilft es, das dominantere Meerschwein in das bestehende
Territorium des weniger dominanten Tieres zu setzen. Das gibt dem
untergeordneten Meerschwein das Gefühl eines "Heimspiels". Mehr zum
Thema Vergesellschaftung unter
http://www.diebrain.de/I-verges.html
Trotz der
Risiken die in einer Raubtier-Beutetier Beziehung bestehen, können
Meerschweinchen im Haushalt mit anderen Haustieren zusammenleben, in manchen
Fällen in enger Beziehung. Das sollte aber nicht überstrapaziert
werden, denn auch domestizierte Tiere wissen noch, was Instinkt ist.
Da
man weiß, das Stress schwere physiologische Konsequenzen haben kann,
sollten Halter verstärkt auf die Gewohnheiten verschiedener
zusammengehaltener Arten achten, obwohl der bei ihren Tieren verursachte Stress
nicht immer sofort erkannt werden kann.
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SINNE und VERHALTEN
SEHEN
Im Vergleich zu ihrem Kopf haben Meerschweinchen relativ kleine Augen,
die aber recht gut sehen, auch Farben. Entfernungen können sie weniger gut
abschätzen. Meerschweinchen sind kurzsichtig. Es gibt zur Nase hin ein
rudimentäres 3. Augenlid, welches eine Drüse beherbergt. Die Augen
sind wie bei anderen grasenden Pflanzenfressern seitlich am Kopf
angebracht. Die Augen sind schon 14 Tage vor der Geburt im Uterus
geöffnet!
HÖREN Meerschweinchen haben einen
ausgeprägten Gehörsinn (16 - 33.000 Hz). Menschen hören nur im
Frequenzbereich von 16 - 20.000 Hz. Das macht die Meerschweinchen empfindlich
für laute Geräusche. Das muss bei der Haltung berücksichtigt
werden (Keine Haltung in Fernseh- oder
Radiozimmern!).
GERUCHSSINN Meerschweinchen haben einen sehr
guten Geruchssinn (Duftstoffe zur Verständigung). Sie können
verschiedene Gerüche sehr gut voneinander unterscheiden. Der Geruchssinn
scheint dem des Menschen überlegen, und der wichtigste Sinn zu sein.
Meerschweinchen nehmen ihre Umgebung durch Gerüche
wahr.
TASTSINN Meerschweinchen haben Vibrissen (= Tasthaare)
um die Schnauze. Damit können sie sich auch bei Dunkelheit in der Umgebung
orientieren. LAUTE und VERHALTEN
Viele Leute,
darunter Besitzer, Liebhaber und Wissenschaftler haben die Laute von
Meerschweinchen beschrieben. Die häufigsten Laute umfassen kurze spontane
Geräusche wie das Chirpen, Purren und Pfeifen.
CHIRPEN: Eine
der lautesten Vokalisationen des Meerschweinchens. Rasch und rhythmisch werden
Laute ausgestoßen, wobei sich das Meerschweinchen am ganzen Körper
bewegt. Das Tier ist stark erregt und unsicher. Das zeigt eine
Konfliktsituation an. Das ist gerade auch beim Tierarztbesuch auf dem
Behandlungstisch zu beobachten, wo das Meerschweinchen keine Deckung findet und
beunruhigt ist.
PURREN: Ein tiefer langgezogener, vibrierender
Laut wird hauptsächlich von adulten Böcken bei der Paarung verwendet
und dient zum Imponieren. Wird auch von paarungsbereiten Weibchen
genutzt.
BRUMMEN oder BROMMSELN: Ein brummendes, gurrendes
Geräusch. Es wird von Männchen beim Balzverhalten zur Werbung
eingesetzt, aber auch zur Beschwichtigung von streitenden Tieren. Auch
paarungsbereite Weibchen brommseln.
ZÄHNEKLAPPERN oder
FAUCHEN: Ein Zähneklappern heißt: "Bleibe mir fern" und dient
als Drohverhalten auch gegenüber dem Menschen.
PFEIFFEN: Ein
hochgezogener leiser Warnlaut.
KREISCHEN: Ein hochgezogener
lauter Warnlaut, der Gefahr, Schmerz oder Bitte um Hilfe signalisiert.
Gekreischt wird aber auch von domestizierten Meerschweinchen, die nach Futter
betteln.
DRR: Laute, die Meerschweinchen von sich geben, wenn sie
erschreckt oder aufgeweckt werden.
GURREN: Ein leiser
Beruhigungslaut wird von Meerschweinchenmüttern benützt, um ihre
Babies zu beruhigen, wenn sie ängstlich sind. Erwachsene Meerschweinchen
beruhigen sich gegenseitig auch selbst mit Gurren. BEWEGUNGSVERHALTEN und
BEWEGUNGSAKTIVITÄTEN
Meerschweinchen sind tag- und dämmerungsaktiv. Die höchste
Aktivität zeigen sie in den frühen Morgenstunden und zur
Dämmerung. Wenn sie ungestört sind, dösen sie tagsüber mit
zwischenzeitlichen Aktivitätsphasen, in denen sie Futter knabbern. Man
hat eine Zuchtgruppe Meerschweinchen 24 Stunden videoüberwacht, um ihre
Aktivitäten tags und nachts ununterbrochen zu beobachten. Dabei zeigte
sich, dass sie sowohl tags wie auch nachts aktiv waren, unterbrochen durch
Ruhephasen, die aber nicht Schlaf bedeuteten. Wenn Meerschweinchen ruhen,
liegen sie mit ausgestreckten Beinen auf der Seite oder liegen auf der Brust
mit unter sich gelegten Beinen. Wenn ihnen die Gelegenheit gegeben wird, suchen
sie während der Ruhephasen gerne den Schutz eines Unterschlupfes oder
eines Handtuchs auf. Häufig dösen sie dort während der
mittäglichen Ruhephasen ruhig vor sich hin, und können losspringen,
wenn sie sich erschrecken oder gestört werden. Wenn sie sich bewegen,
gehen Meerschweinchen im Passgang und belasten alle vier Füße
abwechselnd, wobei das Gewicht von allen Beinen getragen wird. Beim Gehen
berühren nur die Ballen den Boden. Auch wenn sie rennen, bewegen sie sich
im Passgang, aber manchmal kann man beobachten, wenn sie aufgeregt sind oder im
Spiel, wie sie mit den Hinterläufen beim Rennen ausschlagen.
Meerschweinchen, die eine Lahmheit haben, verlagern häufig ihr
Körpergewicht, um das verletzte Bein zu entlasten. Daher ist es manchmal
schwierig zu erkennen, welches Bein oder welcher Fuß betroffen ist. So
müssen alle 4 Gliedmaßen durchgefühlt werden. Beinamputierte
Meerschweinchen kommen damit sehr gut zurecht.
"Schiefhals", Paresen
und Paralysen sieht man bei Meerschweinchen seltener als bei Kaninchen. Die
Differentialdiagnosen sind jedoch gleich und schließen Trauma,
Infektionen, Tumore und Parasiten ein. Trauma ist der häufigste Grund
für die genannten Krankheitssymptome. Fußsohlenentzündungen
kommen bei übergewichtigen Meerschweinchen vor, wenn die Einstreu nicht
sauber und trocken gehalten wird, aber auch beim Laufen auf Kunstteppichen und
zu grober Einstreu, wie Pellets oder Granulaten. Häufig gesellen sich
Staphylokokkeninfektionen hinzu . Die Tiere haben Schmerzen, wimmern und
bewegen sich ungern. Unbehandelte Infektionen können zu Osteomyelitis der
betreffenden Gliedmaße führen. Da Meerschweinchen intelligent
sind und gerne spielen, beginnen sie häufig mit ihrem Pfleger oder
Artgenossen zu spielen. Dazu gehört auch gegenseitiges Jagen. Häufig
aber werden Meerschweinchen wegen Überfütterung und wegen zu geringer
Bewegungsmöglichkeiten in ihren Käfigen übergewichtig. Daher
sollte den Tieren mehrmals wöchentlich die Gelegenheit zur Bewegung
gegeben werden, am besten sogar täglich. Eine Steigerung der
Bewegungsaktivität schützt wie auch beim Menschen und anderen
Tierarten vor Knorpelabbau in den Gelenken. Die Gewichtsabnahme durch mehr
Bewegung verhindert auch bei Meerschweinchen ein Fortschreiten von Arthrosen.
Obwohl bewiesen wurde, dass Meerschweinchen negativ auf Stress durch
Umgebungsveränderungen reagieren, können kleinere Veränderungen
im Käfigraum und der Käfigeinrichtung aufgrund des Forschungsdrangs
der Tiere, zu mehr Aktivität und Bewegung führen. Viele Besitzer
schaffen ein meerschweinchensicheres Territorium für ihre Meerschweinchen,
indem sie die Gefahren durch Elektrokabel und gefährliche
Gegenstände, die gekaut oder gefressen werden können,
eliminieren. Da Meerschweinchen weder klettern noch springen, ist es nicht
notwendig, Hügel im Gelände zu vermeiden. Ein kleiner transportabler,
faltbarer Zaun kann schnell zur Abgrenzung eines Auslaufes benutzt werden.
Dennoch muss auf Gefahren geachtet werden, die durch andere im Haushalt lebende
Tiere entstehen könne. Wenn diese faltbaren Zäune im Freien benutzt
werden, müssen die Meerschweinchen vor Attacken von Hunden, Katzen und
Raubtieren geschützt werden. Meerschweinchen haben kein Gespür
für herabfallende Kanten und stürzen sofort ab, wenn sie auf Tische,
Theken oder Betten gesetzt werden und dort auf den Rand zulaufen. Wenn man sie
trägt, zappeln und kreischen sie und können sich dabei verletzen,
wenn sie nicht richtig unterstützend gehalten werden. Korrekt wird das
Tier mit einer Hand am Körper hinter den Vorderbeinen gefasst und beim
Hochheben mit der anderen Hand der hintere Körperteil von unten
unterstützt. PUTZVERHALTEN
Die
Meerschweinchenrassen haben längere Deckhaare und feinere Unterwolle. Wie
fast alle kleinen Heimsäuger pflegen und putzen sich auch Meerschweinchen.
Trotzdem ist es wichtig langhaarige Arten regelmäßig die Haare zu
kürzen, um Verfilzungen zu vermeiden und deren Aufnahme in den
Magen-Darm-Trakt. Da Meerschweinchen nicht erbrechen können, ist es
wichtig Trichobezoarbildung (=Haarballenbildung) zu vermeiden. Die Bezoare
können den Magenausgang oder den Darm verlegen und so zu schweren
gesundheitlichen Problemen führen. Entlang dem Rücken und in der
Analgegend besitzen Meerschweinchen Talgdrüsen, die zum Markieren benutzt
werden. Besitzer, die diese Drüsen entdecken, glauben häufig an
krankhafte Veränderungen. Diese Drüsen können zuviel Sekret
produzieren und dann das Haarkleid am Rücken verfetten, besonders bei
älteren, übergewichtigen unkastrierten Böcken und bei solchen
Tieren, die von Milben befallen sind. Zwischen Meerschweinchen gibt es im
allgemeinen kein gegenseitiges Putzverhalten. Bei Langeweile oder Stress
können jedoch auch Artgenossen geputzt werden oder am Ohr beknabbert
werden, oder die Tiere knabbern sich selbst Haare ab. Man kann manchmal
dominante Meerschweinchen (meistens Männchen) beobachten, wie sie
rangniedere Tiere durch Beknabbern enthaaren. Selbstbeknabbern kann
diagnostiziert werden, wenn nur Haare ausgebissen worden sind, wo die Tiere
hinkommen, nicht aber an Hals und Kopf. Bei Kaninchen weiß man, dass das
Selbstbenagen an zu wenig faserreicher Fütterung liegt. Es scheint so, als
wenn es beim Meerschweinchen dieselben Gründe hat. Haarausbeißen
kann von anderen Haarverlusten unterschieden werden, da die Haare nahe der Haut
abgebissen werden, und die Stelle sich stachelig anfühlt, während das
Haarkleid der Umgebung intakt ist. Stressvolle Haltungsbedingungen sollten
entschärft werden, indem ein etwaiger Überbesatz mit Tieren abgebaut
wird und Grasheu in beliebiger Menge zum Verzehr bereitgehalten wird. Weiterhin
können Verstecke, Kartons, Papierrollen angeboten werden, die die Tiere
von dem negativen Verhalten abhalten. Haarverlust kann bei Meerschweinchen
viele Gründe haben. Hormonell induzierte Haarverluste durch funktionelle
Eierstockszysten verursacht zeigen sich in beidseitig symmetrischem Haarverlust
in den Flanken. Durch Hormone verursachten Haarverlust sieht man auch in der
späten Schwangerschaft. Schilddrüsenfehlfunktionen können auch
zu Haarlosigkeit im Bauch- und Flankenbereich führen. Wenn Meerschweinchen
Schmerzen haben, können sie Haare kauen und zupfen, auch an Beinen und
Bauch. Wenn Haarverlust am Rücken oder in den Flanken beobachtet wird,
ist es angebracht, den Bauch nach Umfangsvermehrungen oder Schmerzhaftigkeit
durchzufühlen. Auch Pilzerkrankungen und Parasiten können zu
Haarverlusten führen. Sehr starker Milbenbefall kann zu Erkrankung der
Haut mit Haarverlust führen, wenn die Überproduktion von Talg durch
die Hautdrüsen die Haare stark verfetten lässt. Solche
Meerschweinchen zeigen häufig ein raues Haarkleid und sehen ungepflegt
aus. Wegen der Schmerzen durch Hautentzündungen sind sie häufig nicht
mehr in der Lage, sich zu pflegen und zu putzen. Oft kreischen sie, geraten in
Panik und fliehen, wenn man sie berühren will. Die nässenden
Hautveränderungen sind so schwer, dass sich Meerschweinchen dauerhaft
kratzen und dabei Krampfanfälle bekommen. Bei einigen Tieren, besonders
bei übergewichtigen Böcken, kann der Penis von einer solchen
Talgdrüsensekret-Haarkombination umgeben oder gar abgeschnürt werden.
Daher sollte bei der Untersuchung von Meerschweinchenböcken, insbesondere
bei Milbenverdacht, immer der Penis sorgfältig untersucht werden.
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FRESSVERHALTEN
Als Mitglieder
der Familie Caviidae sind Meerschweinchen pflanzenfressende Nagetiere mit einem
sich nicht ersetzenden Gebiss (Milchzahnwechsel noch vor der Geburt in der
Gebärmutter am 43. - 48. Tag) mit 4 Schneidezähnen, 4 Prämolaren
und 12 Molaren. Eckzähne fehlen. Die Wurzeln aller Zähne sind
offenwurzelig und wachsen lebenslang. Die Schneidezähne der
Meerschweinchen sind weiß und nicht pigmentiert wie bei anderen Nagern.
Beim normalen Biss in der Ruhestellung ist das Längenverhältnis der
Oberkieferschneidezähne zu den Unterkieferschneidezähnen 1 : 2 ,
wobei die Spitzen der Oberkieferschneidezähne die
Unterkieferschneidezähne etwas überlappen. Meerschweinchen zeigen
ein "schweinisches" Fressverhalten, indem sie Futter und Wasser im Maul
vermischen. Das erschwert dem Tierarzt eine Zahnkontrolle, bzw. macht sie
unmöglich, da ein grünes Futtergemisch z.B. den Blick durch ein
Otoskop auf die Zähne behindert. Sollten keine Futterreste in der
Maulhöhle gefunden werden, hat das Meerschweinchen sicherlich schon eine
Weile nichts gefressen. Als extreme Nestflüchter sind Meerschweinchen
bei der Geburt komplett behaart und fressen innerhalb weniger Stunden nach der
Geburt. Sie sind Pflanzenfresser mit einem einhöhligen Magen. Junge
Meerschweinchen prägen sich die Futterteile der ersten Lebenstage ein und
verweigern später wiederwillig anderes Futter. Daher ist es besonders
wichtig von Geburt an eine große Anzahl von verschiedenen Futtermitteln
anzubieten, um zu verhindern, dass die Tiere auf nur wenige Futterbestandteile
geprägt werden, die eine ausgewogene Fütterung unmöglich machen.
Das Zusammensetzen eines jungen mit einem erwachsenen Meerschwein kann einen
Futterwechsel erleichtern, da Jungtiere die Erwachsenen häufig nachahmen
und dadurch das neue Futter leichter akzeptiert wird. Aber auch Tiere die zu
einem Rudel vergesellschaftet werden, lernen noch neue Futtermittel zu fressen,
denn Futterneid ist bei Meerschweinchen weit verbreitet. Neue Futterzutaten
sollten nur stufenweise in kleinen Mengen während der ersten Tage bis
Wochen gegeben werden. Es ist gut nur immer eine Futterkomponente neu
hinzuzugeben, so dass man Reaktionen auf das Futter, wie z.B. Durchfall, sofort
erkennen kann. Häufig braucht man eine Woche oder länger bis ein
neues Futterbestandteil angenommen wird. Meerschweinchen können Fressen
und Trinken verweigern, wenn die Beschaffenheit der Fasern, die Farbe, das
Aussehen oder der Geschmack des Futters verändert werden oder Wasser
schmutzig wird. Daher ist es auch nicht sinnvoll, dem Wasser irgendwelche
Zutaten beizufügen, denn das verhindert möglicherweise ein
ausreichendes Trinken. Kommerzielle Mischfutter können eine ausgewogene
Ernährung verhindern, da die Tiere nur selektiv einzelne
Lieblingskomponenten fressen.
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!!!!Sämereien und Getreide sind grundsätzlich nicht für
Meerschweinchen geeignet, da sie zu kohlehydratreich sind und schwere
Magen-Darm-Störungen verursachen können!!!!
Snacks aus dem
Zoohandel, ebenso wie Knabberstangen, Ringe und Ähnliches enthalten
Zucker, Honig und Getreide und gehören nicht auf den
Meerschweinchenspeiseplan. Joghurtdrops und andere Milchprodukte sollten nicht
gefüttert werden, da auch sie die Magen-Darm-Flora schädigen. Die
Futtergrundlage sollte immer aus gutem Heu bestehen, und das zu jeder Zeit rund
um die Uhr, etwa 10% des Körpergewichts sollte als Grünfutter,
Gemüse, Kräuter, Blüten angeboten werden. Da neben den
Menschenaffen und dem Menschen Meerschweinchen das lebenswichtige Vit. C nicht
herstellen können, müssen sie es mit der Nahrung aufnehmen. Vit. C
ist in gutem Heu und in Paprika, Kiwi, Zitrusfrüchten, Löwenzahn und
Petersilie und vielen anderen Nahrungsmitteln enthalten. Vit. C im Trinkwasser
ist nicht sinnvoll, da es schnell unwirksam wird, und die Aufnahme nicht genau
genug kontrolliert werden kann. Meerschweinchen sind dämmerungsaktive
Tiere. Wenn sie unter kontrollierten Tages- und Nachtzyklen bei unbegrenzter
Futteraufnahmemöglichkeit gehalten werden, zeigen Meerschweinchen am
Beginn und zum Ende der Lichtphase die größte Fressaktivität.
Wegen der hohen Stoffwechselrate müssen Meerschweinchen fast
ununterbrochen fressen. Wenn die Fressmenge abnimmt, muss die Ursache sofort
ermittelt werden. Ein krankes, schmerzleidendes oder gestresstes
Meerschweinchen muss künstlich z.B. mit Critical Care, Rodi Care, Herbi
Care o.ä. ernährt werden. Im Notfall, wenn tierärztliche Hilfe
nicht sofort zur Verfügung steht, kann auch eine Mischung aus Gurkensaft
mit Babynahrung aus Gemüsen gefüttert werden. Meerschweinchen
müssen immer Zugang zu gutem Heu haben. Dunkelgrünblättriges
Gemüse sollte zweimal täglich zur Morgendämmerung und vor dem
Sonnenuntergang gegeben werden, wenn Meerschweinchen Ihre
Aktivitätshöhepunkte haben. Die Zugabe von Heu und Grünfutter
zur Nahrung sorgt für die benötigte Ablenkung und Stimulation
für diese normalerweise grasenden Tiere. Weiterhin sorgen Heu und
Grünfutter für die nötige Ausgewogenheit der Nahrung, gesunde
Zähne und eine normale Magen-Darm Funktion. Meerschweinchen, neben
Menschenaffen und Menschen, müssen ihren Vit. C - Bedarf aus dem Futter
decken. Wenn nicht genug Vit. C über das Futter aufgenommen werden kann,
kommt es zum Vit. C - Mangel (Skorbut). Sehr schnell kann
Ascorbinsäuremangel zu allgemeinem Unwohlsein und Immunsuppression
führen, was sich an schlechtem Haarkleid, trüben Augen, stupidem
Verhalten, chronischem Milbenbefall, deformierten Unterkieferknochen (
führt zu Gebissfunktionsstörungen), Gewichtsverlust, Appetitmangel,
Durchfall, Lahmheiten, Empfänglichkeit für Infektionen und an einer
schlechten Wundheilung zeigen kann. Zeichen von fortgeschrittenem Skorbut
schließen Unruhe, Schmerzen bei Bewegung, Zahnfleischbluten,
Knochenschwellungen und Ausmergelung ein. Aber vor einer dauerhaften
Überversorgung mit Vit. C muss gewarnt werden, denn neuere
Forschungserkenntnisse haben belegt, dass bei Meerschweinchen, die mit Vit. C
ständig überversorgt wurden, vorhandene Arthrosen in den Knien sich
erheblich verschlechterten. Außerdem können sich
Augenveränderungen einschließlich der Verknöcherung des
Ciliarkörpers einstellen. Gemüse und Früchte, die einen
hohen Vit. C - Gehalt besitzen sind: Petersilie, Paprika, Zitrusfrüchte,
Kiwi, Grünfutter, Löwenzahn, Broccoli, Grünkohl, Tomaten. Gutes
Heu ist ebenfalls reich an Vit. C. Spinat, Grünkohl und andere
Kohlarten, Kohlrabiblätter, Luzerne, Klee und Petersilie sollten bei
nierenvorgeschädigten und zu Steinbildung neigenden Tieren nur in geringen
Mengen angeboten werden, da sie reich an Kalzium sind und aufgrund der
Ausscheidung über die Niere und des basischen Harns leicht zur Bildung von
Nieren-, Harnleiter- und Blasensteinen führen können. Wegen der
Verfärbung und Geschmacksveränderung sollte von einer flüssigen
Vit. C - Gabe im Trinkwasser Abstand genommen werden. Zudem kann der Verbrauch
nicht richtig kontrolliert werden. Der normale tägliche Wasserbedarf
eines Meerschweinchens liegt bei ungefähr 100 ml / kg Körpergewicht.
Meerschweinchen sind bekannt dafür, dass sie zerkautes Futter in die
Öffnung der Trinkflaschen befördern. Das führt zur
Verunreinigung und Kontamination mit Bakterien. Daher ist es absolut notwendig,
täglich alle Wasserflaschen, vor allem auch die Trinkröhren, und
Trink- und Fressnäpfe mit heißem Seifenwasser zu reinigen, um
frisches Futter und Wasser zu haben, und die bakterielle Kontamination so
gering wie möglich zu halten. Häufig stellen sich Meerschweinchen
beim Fressen auf die Ränder von Schüsseln und Näpfen. Damit
diese nicht umkippen, sollten sie standfest sein. AUSSCHEIDUNGSVERHALTEN
Meerschweinchen besitzen als Pflanzenfresser einen einhöhligen Magen und
einen großen Blinddarm, der 60% - 70% des Magen-Darm-Inhaltes beherbergt.
Die Magen-Darm-Passage dauert etwa 20 Stunden, da aber Meerscheinchen ihren Kot
wieder auffressen, dauert die totale Passage des Blinddarmkotes bis zu 66
Stunden. Bei der Käfighaltung kann man beobachten, dass Meerschweinchen
sich mehr in der Peripherie als in der Mitte aufhalten. Normalerweise koten und
urinieren sie immer an den gleichen Stellen an der Peripherie. Sie setzen ihren
Kot nicht bewusst irgendwo ab, sondern dort, wo sie sich wohlfühlen.
Gesunde Meerschweinchen produzieren große Mengen von Kot und Urin, was
einen täglichen Wechsel der nassen Einstreu und wenigstens einen
wöchentlichen Wechsel der gesamten Einstreu nötig macht. Wegen
ihrer extrem hohen Stoffwechselrate koten Meerschweinchen fast ununterbrochen.
Der Kot ist dunkelgrün oder braun, fest und besteht aus zylindrisch
geformten Kotbällchen. Kotabsatz ist ein passiver Vorgang und nur sehr
selten strengen die Tiere sich dabei an. Weicher Blinddarmkot wird während
des gesamten Tages direkt vom After aufgenommen. Normalerweise kommt es nach
Nahrungsaufnahmeverweigerung und dem Sistieren der Weiterbeförderung der
verdauten Nahrung im Magen-Darm-Trakt zur Einstellung der Kotproduktion.
Unglücklicherweise wird das von Tierbesitzern, aber auch von
Tierärzten als Verstopfung missgedeutet, und damit falsch behandelt.
Niemals sollten Klistiere bei Meerschweinchen und anderen kleinen Nagern
angewendet werden, bevor nicht eine Röntgenaufnahme eine Verstopfung
angezeigt hat oder andere Behandlungsverfahren nicht zum Erfolg
führten. Im Magen-Darm-Trakt von Meerschweinchen herrscht eine
gram-positive Flora vor. Diese Flora reagiert sehr empfindlich gegenüber
plötzlichem Futterwechsel und führt zum Stop der
Weiterbeförderung des Nahrungsbreies im Magen-Darm-Trakt und zu
Nahrungsverweigerung. Das kann auch geschehen, wenn die Magen-Darm-Flora
auf Antibiotika mit gram-positivem Spektrum trifft. Das sind Amoxicillin,
Lincomycin, Erythomycin und Streptomycin. Der Gebrauch dieser Antibiotika kann
mit einer Vergiftung im Darm zum raschen Tod der Tiere führen. Jeder
Wechsel in der Menge oder Beschaffenheit des Kotes sollte sorgfältig
beobachtet werden, und wenn er länger als 12 Stunden anhält, sollte
ein Tierarzt aufgesucht werden. Ältere, übergewichtige Männchen
können aus den in den Perianalfalten verfangene Kotbällchen
verlieren. Deshalb sollten bei diesen Tieren die Perianalfalten
wöchentlich mit einem feuchten Baumwolltuch mit etwas Druck gereinigt
werden. Das geschieht wegen zusätzlicher Fettfalten in der Gegend, dem
Verlust von Muskeltonus und der Unfähigkeit des Meerschweinchens sich in
diesem Bereich zu putzen wegen der Körperfülle. Deshalb sollten die
Perianalfalten bei jeder tierärztlichen Untersuchung begutachtet werden,
unabhängig davon, aus welchem Grund das Tier vorgestellt wird. Urin
von Meerschweinchen kann variieren zwischen cremig weiß und
dickflüssig gelb bei trüber Beschaffenheit. Wie bei allen
Pflanzenfressern liegt der pH-Wert im alkalischen Bereich und hat normalerweise
viele Kristalle. Urinieren ist für Meerschweinchen eine relativ passive
Angelegenheit, bei der sie sich kurz hinhocken und den Kopf leicht heben.
Meerschweinchen setzen Urin ab, wenn sie aufgeregt oder gestresst sind und wenn
sie Angst haben. Wie auch bei anderen Tierarten können Harndrang,
Blasenkrämpfe und verminderter Harnabsatz bei Blasenentzündungen, bei
Blasen- und anderen Urinsteinen, bei Eierstockszysten, bei
Gebärmuttervereiterungen, bei Wassereinlagerungen in der Gebärmutter
und Gebärmutterentzündungen gesehen werden. Andere Anzeichen
für eine Harnwegserkrankung sind Nahrungsverweigerung, Blut im Urin,
schmerzhafte Harnentleerung oder eine aufgekrümmte
Körperhaltung. Blasenkrämpfe stellen sich durch übertriebenes
Anheben des gesamten Körpers dar, und können von grunzenden Lauten
und verzerrtem Gesichtsausdruck begleitet sein. Orange Urinflecken (Porphyrin)
können durch Stress, Verzehr bestimmter Hülsenfrüchte und durch
bestimmte Antibiotika vorkommen. Häufig glauben Besitzer an Blut im Urin.
FORTPFLANZUNGSVERHALTEN
SEXUALVERHALTEN
MÄNNLICHER MEERSCHWEINCHEN
Männliche
Meerschweinchen erreichen die Pubertät schon mit 4 Wochen. Sie machen
Aufsprungversuche bevor sie 1 Monat alt sind. Partnerschaftliches Verhalten der
Böcke schließt das Umkreisen und Beschnüffeln der Weibchen ein.
Weiterhin gehören dazu tänzelnde Bewegungen mit dem Hinterteil (=
Rumba), tiefe, lang gezogene vibrierende Laute (= Purren) und das
Aufreiten. Die Kopulation ist kurz mit sofortiger Ejakulation. Einige
Stunden nach der Paarung kann man im Käfig einen gummi- oder wachsartigen
Kopulationspfropfen aus zusammengeballtem Ejakulat finden. Diese
Kopulationspfropfen schützen vor Spermien von Männchen, die sich mit
dem Weibchen nach der ersten Kohabitation paaren. Das konnte durch die Paarung
von Albino Meerschweinchen und die anschließende Paarung eines
Meerschweinchenbockes mit farbigem Haarkleid mit dem Albino Weibchen bewiesen
werden, denn die Fellfarbe der Jungen wurde nicht durch das farbige
Böckchen beeinflusst. Sexualverhalten von Männchen gegenüber
ihrer Mutter und ihren weiblichen Geschwistern wird bei ständigem
Zusammenleben in einem kleinen Gehege unterdrückt. Jedoch entwickelten 35
Tage alte Böckchen, die man 1 - 2 Tage von der Mutter getrennt hatte, nach
einer erneuten Zusammenführung durchaus ein Sexualverhalten gegenüber
ihrer Mutter. Dennoch sollten Geschwistertiere verschiedener Geschlechter, die
in Familiengruppen gehalten werden sollen, kastriert werden, um etwaiger
Inzucht vorzubeugen. SEXUALVERHALTEN WEIBLICHER MEERSCHWEINCHEN und
MÜTTERLICHE FÜRSORGE
Die
Geschlechtsreife von weiblichen Meerschweinchen setzt im Alter von 4 - 6 Wochen
ein. Die Tiere haben einen ganzjährig regelmäßig immer
wiederkehrenden (= polyöstrischen) Geschlechtszyklus, der 15 - 18 (13 -
21) Tage dauert und jeweils durch eine spontane Ovulation beendet wird. Im
Proöstrus ist bei Meerschweinchenweibchen ein Aktivitätsanstieg zu
beobachten. Mitbewohner werden unter Ausstoßen von Kehllauten gejagt. Und
häufig wird die hintere Körperpartie hin und her geschwenkt (=
Rumba). Der Eisprung dauert 6 - 11 Stunden, wobei sich das Tier mit
eingezogenem Rücken und hochgezogenem Hinterteil präsentiert, und die
Schamlippen sich vergrößern. Bei weibliche Meerschweinchen ist
die Scheide durch eine Membran verschlossen, die sich nur öffnet
während des Eisprungs für 2 Tage und während der Schwangerschaft
für 26 Tage, um die Scheide für die Geburt vorzubereiten. Die
Tragzeit beträgt durchschnittlich 68 Tage (59 - 72). Innerhalb der letzten
2 Tage bis zum Geburtsbeginn öffnet sich die Beckensymphyse unter dem
Einfluss des Hormons Relaxin bis zu 3 cm, indem sich die bindegewebige,
knorpelige Verbindung löst. Meerschweinchenweibchen sollten im Alter
von 4 - 6 Monaten befruchtet werden. Zwischen erneuten Würfen sollten nie
mehr als 6 Monate liegen, da es sonst zu Geburtsschwierigkeiten kommen kann,
weil die Beckensymphyse dann mineralisiert und verknöchert. Mit steigendem
Alter kommt es zu einer Fettansammlung im Beckenbereich, die auch zu
Geburtsschwierigkeiten führen kann. Weibliche Meerschweinchen bauen
keine Nester vor der Geburt. Während der Schwangerschaft können sich
am Rücken und beiden Flanken Haarverluste entwickeln, während der
Bauchumfang sich mehr als verdoppeln kann. Etwa 2 Wochen vor der Geburt
können Bewegungen der Föten gut an der Bauchwand gesehen werden.
Krämpfe und Schwangerschaftstoxikosen können sich in der späten
Schwangerschaft einstellen. Wenn das hochträchtige Meerschweinchen
lethargisch wirkt und das Fressen einstellt, ist der sofortige Kaiserschnitt
angebracht, um Anfallsgeschehen, Koma und Tod zu begegnen. Die
Wurfgröße liegt normalerweise bei 2 - 4 Jungtieren. Es wurden aber
auch schon 1 - 13 Jungtiere in einem Wurf dokumentiert. Meerschweinchen
gebären im Sitzen. Bei Erstgebärenden und Tieren mit kleiner Wurfzahl
ist der Geburtsvorgang kürzer. Meerschweinchen, die nur einen Fötus
tragen, können erst sehr spät in der Trächtigkeit als schwanger
erkannt werden. Mütter fressen sofort nach der Geburt die Plazenta .
Bei einer unkomplizierten Geburt beobachtet man nur geringe Anstrengungen, da
die Geburtsabstände von den Jungen nur etwa 5 Minuten und die gesamte
Geburt nur 30 Minuten dauert. Schwergeburten sind ein häufiges Problem
bei Meerschweinchen, wegen der Verwachsung der Schambeinfuge, wegen
Übergewichts oder wegen zu großer Föten (häufig
hervorgerufen durch Einkreuzen von Cuyrassen und einer zu langen
Tragezeit). Starke Anstrengung, Vokalisation, Ängstlichkeit und
Beißen in den Bauch können eine Schwergeburt ankündigen. Wenn
das Tier mehr als 30 Minuten angestrengt presst, matt erscheint, und blutigen
oder grünlich gefärbten Vaginalausfluss hat, muss sofort ein Tierarzt
aufgesucht werden, um einen Kaiserschnitt durchzuführen. Nach der
Geburt ist das Muttertier für 2 - 24 Stunden wieder fruchtbar. Der Bock
sollte vor der Geburt vom Weibchen getrennt werden. Jungtiere sollten bis zum
3. Monat Kontakt zu alten Tieren haben, um das Sozialverhalten zu erlernen.
Früher getrennte Jungtiere fallen häufig durch unsoziales und
ängstliches Verhalten auf. Die jungen Meerschweinchen brauchen Mutters
Milch bis zu 5 Tagen, aber säugen bis zu 3 Wochen, obwohl sie schon festes
Futter zu sich nehmen. Die Weibchen stehen oder sitzen beim Säugen,
während die Jungen unter den Bauch stoßen, um an die Zitzen zu
gelangen. Säugende Meerschweinchenmütter sind sofort bereit, Tanten-
oder Mutterpflichten für die Jungen eines anderen Wurfes zu
übernehmen und diese Babys anderer Würfe zu schützen.
Andererseits neigen unerfahrene Mütter, die während der Geburtsphase
gestört oder gestresst werden, zu Kannibalismus und fressen ihre Jungen
auf. Neugeborene Meerschweinchen saugen manchmal bis zu 12 Stunden nach der
Geburt nicht und verlieren in den ersten beiden Lebenstagen auch etwas Gewicht.
Während dieser Zeitspanne sollten die Mutter und ihr Wurf nicht
gestört werden. Ab dem 3. Lebenstag sollten die Jungtiere
regelmäßig zunehmen. Meerschweinchen haben nur ein Zitzenpaar,
was bei größeren Würfen zu Schwierigkeiten durch
Unterversorgung führen kann. Wenn die Jungtiere nicht zunehmen muss
zugefüttert werden.
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DAS
VERHALTEN NEUGEBORENER MEERSCHWEINCHEN
Wie schon
zuvor angemerkt, werden Meerschweinchen mit offenen Augen und komplett behaart
geboren. Sie laufen sofort, beginnen nach 5 Minuten mit dem Putzen des
Gesichts, sie saugen mehrmals täglich Milch bei der Mutter und
interessieren sich innerhalb der ersten 24 Stunden für festes Futter.
Meerschweinchen, die innerhalb der ersten 3 - 4 Tage nach der Geburt keine
Milch über die Mutter erhalten, überleben selten. Wie bei anderen
Arten auch ist es wichtig, dass die Mutter den Jungen in den ersten 7 - 14
Tagen die Analgegend leckt, um den Kot- und Urinabsatz zu fördern. Die
Jungen fressen auch den Kot der Mutter. Das hilft bei der Ansiedlung einer
ausgeglichenen Bakterienflora im Magen-Darm Trakt. Neugeborene fressen nach
wenigen Tagen festes Futter und Futtervorlieben entwickeln sich schon
früh, daher ist es am besten, schon in diesen ersten wichtigen
Lebenswochen und -monaten eine große Variation von Futtermitteln
anzubieten. Wenn sich die Kleinen aufregen oder erschrecken, springen sie
plötzlich in die Luft, wie aufplatzendes Popcorn (= Popcornen), und rufen
laut nach ihrer Mutter. Wenn Gefahr droht, können sie aber auch
völlig erstarren und sich in ein Versteck ducken. VERHALTENSBEREICHERNDE
MASSNAHMEN
Für
Meerschweinchen kann der Tagesablauf interessanter gestaltet werden, wenn man
ihrem Verhalten und ihren Instinkten Sorge trägt. So ist z.B. Auslauf
außerhalb ihres Käfigs für die Tiere wichtig, da Bewegung
gefördert und das mentale Wohlbefinden stimuliert werden. Viele
Besitzer benutzen für drinnen und draußen handelsübliche,
faltbare Umzäunungen, aber mit ein wenig Phantasie können sehr leicht
meerschweinchensichere Ausläufe geschaffen werden. Wenn z. B. ein Teil von
einem Zimmer für die Meerschweinchen abgetrennt wird, staffiert mit
Salaten und Möhren, Kartons, Pappröhren, Papierhandtüchern und
anderen Gegenständen, um Tunnel und Höhlen zu gestalten, so bedeutet
das eine willkommene Abwechslung vom Käfigleben. Dabei ist es wichtig,
dass Meerschweinchen selbst bestimmen können, wann sie ihren Auslauf
nutzen, und diesen durch eine Tür erreichen können. Besonders in den
Abend- und Morgenstunden ist Auslauf wichtig. Es stresst Meerschweinchen
gewaltig, wenn sie für den Auslauf gefangen werden
müssen. MEDIZINISCHE FOLGERUNGEN aus ABNORMALEM
VERHALTEN
Gesunde
Meerschweinchen sind aktiv, neugierig und haben reges Interesse an ihrer
Käfigeinrichtung. Sie haben klare Augen und ein glänzendes Fell.
Augen und Nase sind frei von Belägen oder Sekreten. Kranke
Meerschweinchen bewegen sich kaum und erscheinen lethargisch. Die Augen sind
trüb und leer, das Fell stumpf und ungepflegt. Sie fressen und koten
weniger oder gar nicht. Auch, wenn nur eines dieser Krankheitsanzeichen bemerkt
wird, kann das ein Alarmzeichen sein, das sofortige tierärztliche Hilfe
nötig macht. Meerschweinchen haben immer Futter in der Mundhöhle,
außer, sie haben das Fressen eingestellt. Wenn ein Krankheitsgeschehen
von den Zähnen oder der Mundhöhle ausgehend vermutet wird, muss eine
genaue Untersuchung der Mundhöhle unter Anästhesie von
meerschweinchenerfahrenen und mit der nötigen Ausstattung
ausgerüsteten Tierärzten erfolgen. Schädelaufnahmen unter
Narkose sind nötig, um Zahnwurzeln zu begutachten und um Osteomyelitis im
Ober- oder Unterkiefer zu erkennen. Zahn- und Mundhöhlenprobleme beim
Meerschweinchen können klinische und verhaltenstechnische
Veränderungen nach sich ziehen, die manchmal kaum und manchmal
offensichtlich erkennbar sind. Gut erkennbare Anzeichen von
Mundhöhlenerkrankungen sind: Futterverweigerung, Gewichtsverlust, starkes
Speicheln oder Schwellungen und Umfangsvermehrungen im Gesicht oder am
Kiefer. Nicht so leicht erkennbare Symptome einer Mundhöhlenerkrankung
sind: Fressstörungen, die zu bevorzugtem Kauen mit einer Kieferseite
führen, das Interesse an Futter, ohne es zu fressen, indem Futter
aufgenommen wird und wieder aus dem Mäulchen fallen gelassen wird.
Lieblingsfutter, das plötzlich nicht mehr gefressen wird, kann auch auf
eine Mundhöhlenerkrankung hinweisen. Eine frühe Entdeckung einer
Mundhöhlenerkrankung hängt häufig von der Beobachtungsgabe des
Besitzers ab, der sich an oft nur geringe Verhaltensänderungen des Tieres
erinnern kann. Die oberen Prämolaren und Molaren stehen
natürlicherweise schräg zur Wangenschleimhaut, daher können
verlängerte Spitzen und Haken die Schleimhaut schädigen oder zu
Abszessen führen. Die unteren Backenzähne stehen schräg zur
Maulmitte, so dass verlängerte Spitzen, die aufgrund von Zahnproblemen
entstehen können, die Zunge verletzen oder "gefangen nehmen" (=
Brückenbildung) können. Malokklusionen (= Störungen des
richtigen Zusammenbisses der Zähne) können genetischer
Prädisposition, Verletzungen, Infektionen oder falschem Futter
liegen. Grasheu ohne hohen Faseranteil und strukturarmes Grünfutter
fördern nicht gerade die seitlichen Kaubewegungen, die für
Meerschweinchen spezifisch sind, und die dabei helfen, dass die Zähne
geregelt abgenützt werden und nicht überwachsen und Zahnspitzen
bilden. Das Fehlen von Sonnenlicht bei im Haus gehaltenen Meerschweinchen kann
zu einer Vitamin D3 Unterversorgung führen. Das beeinflusst den Calcium
Stoffwechsel und kann zu Malokklusionen führen (gilt für Kaninchen
als bewiesen!). Bei Antibiotikagaben kann es als Begleiterscheinung zu
Blutergiftungen aufgrund von übermäßigem Wachstum von
Clostridien (Bakterien) kommen. Das zeigt sich durch Durchfall,
Fressverweigerung, Austrocknung und Untertemperatur. Wenn Meerschweinchen mit
diesen Symptomen dem Tierarzt vorgestellt werden, ist es wichtig, ob die Tiere
ein von einem anderen Tierarzt verordnetes Antibiotikum mit gram-positivem
Wirkungsspektrum bekommen haben, oder ob der Besitzer schon mit einem
Medikament behandelt hat, das von einem anderen Tier übrig ist. Das
Normalgewicht von Weibchen liegt zwischen 700 und 1000g (1200g), das von
Böcken zwischen 900 - 1200g (1600g). Leider ist Übergewicht ein
häufiges Problem bei Meerschweinchen. Wie auch bei anderen Tierarten kann
Übergewicht zu schweren medizinischen Problem führen,
einschließlich Osteoarthrose, Bewegungsstörungen und Schwierigkeiten
beim Putzen. Übergewichtige Tiere erkennt man an einem
übergroßen Doppelkinn, an seitwärts gebogenen Hinterläufen
und an einem fast den Boden berührenden Bauch. Bewegung und richtiges
Futter sind die wichtigsten Maßnahmen gegen Übergewicht. Ein
kotverschmierter Anus wird häufiger bei alten und übergewichtigen
Meerschweinchen gesehen. Das kann an einer altersbedingten
Schließmuskelschwäche oder der Unfähigkeit Blinddarmkot
aufzunehmen wegen Übergewichtes, Arthritis oder
Bandscheibenveränderungen. Erstarrtes Ejakulat kann bei Böcken
einen Eiweiß-Pfropf bilden und die Harnröhre verlegen, und damit zu
einer Harnröhrenentzündung führen. Ovarialzysten sind bei
Weibchen häufig und kommen in mehr als 75% der Fälle im Alter von 2 -
4 Jahren vor. Weil das ein bisweilen schmerzhaftes Geschehen und mit Magen-Darm
Problemen vergesellschaftetes Problem sein kann, sollte dann eine
Totaloperation in Erwägung gezogen werden, wenn es sich um hormonell
aktive oder massiv vergrößerte Zysten handelt. Eine
Schwangerschaftstoxikose (=Vergiftung) oder auch Schwangerschaftsketose wird
häufiger bei übergewichtigen erstgebärenden Meerschweinchen
beobachtet, und zwar in den beiden letzten Schwangerschaftswochen oder in der
ersten Nachgeburtswoche. Krankheitsanzeichen treten plötzlich auf. Das
Tier stellt die Nahrungsaufnahme und das Trinken ein. Es werden sich binnen 24
Stunden Erschöpfung und Atemnot einstellen, zurückzuführen auf
Unterzuckerung und zuviel Ketonkörpern (= Acetessigsäure, die
normalerweise beim Fettsäureabbau entsteht und im Citratcyclus abgebaut
wird) im Blut. Weil Hungern und Übergewicht zu dieser
Stoffwechselkrankheit führen können, erkranken auch
übergewichtige Böcke. Meerschweinchen sind äußerst
hitzeempfindlich und können an Hitzestress schon ab 21°C erkranken.
Das zeigt sich klinisch an Speichelfluss, Schnellatmigkeit, bleichen
Schleimhäuten und an steigender Körpertemperatur. Die Prognose
für diese Meerschweinchen ist vorsichtig, denn Koma und Tod sind
häufig die Folge.
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KLINISCHE ANZEICHEN von ZAHNERKRANKUNGEN und
KRANKHEITEN im KOPFBEREICH
Schief
abgenutzte Schneidezähne Abmagerung Gewichtsverlust
Übermäßiger Speichelfluss Hautentzündungen um den
Mundhöhleneingang Hautentzündungen um das Kinn und im Halsbereich
Einstellen des Putzverhaltens Befleckte Vorderbeine Mit den Pfoten
am Maul reiben Zähneknirschen Eingeschränkte Kieferbewegungen
Schwellungen oder Umfangsvermehrungen im Gesicht oder an den Kiefern
Schmerzempfinden bei der Berührung der Backenzähne von
außen Schmerzempfinden bei der Berührung der Unterkieferknochen
Aus ihren Höhlen tretende Augen Augen- oder Nasenausfluss
Vermehrtes Trinken Veränderung der Größe und Konsistenz
der Kotbällchen Schluckstörungen Bevorzugtes Kauen auf einer
Kieferseite Offensichtliches Interesse an Futter, ohne es zu fressen
Futterteile aufnehmen, und dann wieder fallen lassen Verweigerung von
sonst bevorzugtem Futter VERHALTEN bei SCHMERZ
Wie bei allen
Beutetieren, ist auch beim Meerschweinchen das frühzeitige Wahrnehmen von
Schmerz sehr wichtig, da Schmerz weitere physiologische Änderungen
bewirken kann, die tödlich für die Tiere sein können. Diese
Veränderungen sind eine Verminderung der peripheren Blutzirkulation, ein
Absinken der Körpertemperatur, ein Sistieren der Weiterbeförderung
des Magen-Darm-Breies, Schock und sogar Tod. Schmerzanzeichen beim
Meerschweinchen können von unterschwelligen bis offensichtlichen
Verhaltensänderungen geprägt sein. Das ist leichter zu beurteilen,
wenn man die Tiere unter ähnlichen Lebensumständen ohne Schmerz
kennt. Die Augen von Meerschweinchen mit Schmerzen können trübe,
ungerichtet mit teils geschlossenen Lidern blicken oder starr und extrem
angespannt aussehen. Oft stehen die Tiere still mit ausgestrecktem Kopf und
atmen schnell und flach oder sitzen vermehrt und legen sich nicht mehr zum
Schlafen hin. Häufig wird auch übermäßiges Trinken bei
Meerschweinchen mit Magen-Darm- oder Bauchhöhlenschmerz
beobachtet. Meerschweinchen mit Schmerzen beißen sich am Bauch oder
anderen betroffenen Körperteilen, was zu haarlosen Stellen oder sogar
Wunden durch Selbstverstümmelung führen kann. Manchmal stellen sie
das Fressen und Koten ein und bewegen sich nur widerwillig. Tumorschmerzen
hingegen können durch massiven Stress und die damit erhöhte
Cortisolausschüttung zu erhöhtem Appetit führen. Diese Tiere
magern trotz vermehrter Futteraufnahme ab. Ein normalerweise friedliches
Meerschweinchen kann unter Schmerzen plötzlich beißen, springen,
schreien oder wegrennen, wenn es berührt wird. Dagegen kann ein
nervöses zappeliges Meerschweinchen plötzlich lethargisch werden, und
Berührungen ohne Probleme zulassen.
Für
Meerschweinchen und andere Beutetiere, die leicht durch Schmerz begleitenden
Stress erkranken, kann nicht deutlich genug eine Schmerzbehandlung gefordert
werden.
Wie auch andere Tierarten, so genesen Meerschweinchen, die von
einer Schmerztherapie begleitet werden, schneller von Trauma, Krankheiten oder
Operationen, beginnen früher wieder zu fressen und sind weniger
anfällig gegenüber einem Magen - Darm Futterstau, der tödlich
enden kann. KLINISCHE ANZEICHEN von SCHMERZ bei
MEERSCHWEINCHEN
Abmagerung
Weniger, kleinere oder gar keine Kotbällchen Vermehrtes
Trinkbedürfnis (besonders bei Magen-Darm Schmerz) Untertemperatur
Kalte Ohren und Gliedmassen Hochfrequente flache Atmung Anpressen
des Bauches an den Boden Benagen über dem befallenen Gebiet
Angespannter Gesichtsausdruck mit hervorquellenden Augen Trübe
ungerichtete Augen und/oder halbgeschlossene Lider Stehen mit
ausgestrecktem Kopf Schreien während der Berührung der befallenen
Gegend Aggression von zuvor friedlichen Tieren Festliegen Lethargie
und Wiederstandsverlust beim Umgang mit den Meerschweinchen Bleiche
Schleimhäute
Photos: 1, 4, 6
Dr. Bernhard Lazarz; 2, 3 Arndt Berchem; 5 Helga Kasnitz
Copyright Dr.
Bernhard Lazarz 4/2008 |